Das Waldhorn

Staatspreis Baukultur BW 2020 – Anerkennung

Aus der Jury-Bewertung:
„Mit einem einfachen, jedoch in seiner Geometrie durchaus anspruchsvollen Baukörper wird auf die kleinteilige Körnung der Altstadtumgebung reagiert und doch ein klares Bekenntnis zu einer zeitgenössischen Architektursprache und Gebrauchskultur gegeben.“

Das Waldhorn

Restaurant-Neubau und Hotel-Erweiterung
Fertigstellung 2019

Die mittelalterliche Altstadt von Kirchheim bei Stuttgart, ist maßgeblich durch ihre kleinteilige bauliche Struktur geprägt. Mitten in Kirchheim ist nun der marode „Gasthof Waldhorn“ abgebrochen worden. Für eine neue Bebauung geben das geltende Baurecht mit der besonderen Altstadtsatzung und die Stadtverwaltung mit dem eingesetzten Gestaltungsbeirat einen engen Rahmen vor. Der prägnante städtebauliche Fußabdruck des „Gasthof Waldhorn“ soll dabei nachempfunden werden. Zugleich forderte die Stadt mit dem Gestaltungsbeirat einen zeitgemäßen Neubau, der sich – ohne zu historisieren – dem Thema Fachwerk und der kleinteiligen Stadtstruktur in angemessener Weise nähert.

 

Von außen erscheint der Neubau heute in ähnlicher Silhouette und Materialität wie sein Vorgänger: Dunkles Ziegeldach, heller Putz an den Fassaden sowie eine sichtbare Holzstruktur des sich nach oben hin staffelnden Giebels der Marktplatzfassade. Im Gegensatz zu den historischen Nachbarn der Umgebung ist die Farbgebung der Oberflächen zwar homogener, jedoch ändert sich Wirkung und das Erscheinungsbild des Neubaus auf ganz natürliche Weise ständig. Denn die, in Anlehnung an die umliegenden Fachwerkbauten geschaffene Holzstruktur aus gebürsteter Douglasie, zeichnet sich je nach Lichteinfall und Witterung unterschiedlich stark ab.

Schnitte

Das neue „Gasthaus Waldhorn“ wirdüber die Hauptfassade vom Marktplatz aus betreten. Im Erdgeschoss verbinden sich die Räume über einen zusammenhängenden Gastraum, mit dem direkt daneben liegenden Hotel. Im Dach des zweigeschossigen Gebäudes befindet sich der als offener Raum konzipierte, multifunktionale Veranstaltungssaal.


Atmosphärisch wird das Gebäudeinnere maßgeblich von seiner Konstruktion und der einfachen Materialität geprägt. Über einem massiven Sockel, bestehend aus Kellergeschoss mit Nebenräumen und Weinkeller und dem Erdgeschoss mit Gastraum, Küche und Bar, sitzt das hölzerne Dach. Dieser Wechsel von schweren, massiven Bauteilen hin zum Holzbau lässt sich bereits im Gastraum durch die sichtbare Holzbalkendecke erahnen. Auch im Dach bleiben alle Bestandteile des hölzernen Dachstuhls sichtbar. Holzschalungen und sägeraue Dachsparren bestimmen den Raumeindruck. Nur annähernd wird hier die Komplexität des windschiefen Dachs, welches sich auf der verzogenen Grundform des Vorgängergebäudes erhebt, sichtbar. Der Veranstaltungsraum öffnet sich mit fünf großzügigen Fensteröffnungen hin zur Eingangsfassade. Diese gewähren sowohl Ausblick auf den lebendigenMarkplatz von Kirchheim, als auch Einblicke von außen in das hölzerne Innenleben des Dachs. Langlebige natürliche Materialien geben dem Inneren seine Gestalt. Dazu zählen lange Eichen-Dielen in den Gasträumen, Steinböden im Untergeschoss, verputze Wandflächen, Holzfenster sowie die sichtbaren Elemente des Holztragwerks.Auch der Innenausbau folgt diesem Materialkonzept – alte und neue Massivholzmöbel sowie einzelne dunkle Metalloberflächen runden das Bild ab.

Grundriss OG
Grundriss EG
Grundriss UG

Projektinformationen
Ort: Kirchheim unter Teck
Realisierung: 2016-2018
Bauherr: privat
Entwurf und Planung in Arbeitsgemeinschaft mit .studio berardi,
Lph6-8: .studio berardi
Fotografie: Sebastian Schels